Gewaltschutz

„Es ist wichtig, dass Menschen, die Gewalt erleben, wissen, wo sie sich hinwenden müssen“, sagt Ute König. Sie arbeitet in den Wetterauer Werkstätten der Behindertenhilfe Wetteraukreis gGmbH (bhw) und hat jetzt zusammen mit den anderen Teilnehmern des inklusiven Projekts „Gemeinsam gegen Gewalt“, der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Rika Esser, und dem Landrat des Wetteraukreises, Jan Weckler, die Gewaltschutz-Broschüre vorgestellt.

Gemeinsam gegen Gewalt

Das Projekt „Gemeinsam gegen Gewalt“, das von Aktion Mensch gefördert wurde, gibt es schon fünf Jahre. Es ist aus dem Suse-Netzwerk Wetterau heraus entstanden, weil Menschen mit Behinderung häufiger Gewalt erleben als Menschen ohne Behinderung und zudem einen schlechteren Zugang zum Hilfesystem bei Gewalt haben. „Es gibt viele Informationen, Fachberatungsstellen und Hilfen, aber Menschen mit Behinderungen wissen nicht davon oder können die Hilfen nicht eigenständig aufsuchen“, erklärt Christa Mansky vom Frauen-Notruf Wetterau e. V., der das Suse-Netzwerk Wetterau ins Leben gerufen hat. Gleichzeitig ist es für Menschen mit geistigen Einschränkungen oft schwer, die Informationen überhaupt zu verstehen.

„Sie müssen Leichte Sprache sprechen“

Das haben die Projektteilnehmer anfangs selbst erfahren: Beim ersten Treffen, an dem zwei Mitarbeiterinnen aus den Wetterauer Werkstätten teilnahmen, wurde schnell deutlich, dass die beiden dem Fachgespräch mit vielen unterschiedlichen Themen nicht folgen können. Ute König hat anschließend einen Brief an das Suse-Netzwerk geschrieben, in dem sie forderte: „Wenn Sie wollen, dass wir Sie verstehen, müssen Sie Leichte Sprache sprechen!“ Also wurde gemeinsam überlegt, wie inklusive Arbeit im Netzwerk aussehen und wie der Gewaltschutz für Menschen mit Behinderung verbessert werden kann.

Inklusives Arbeiten

Neben Christa Mansky haben auch Miriam Vermeil vom Wildwasser Wetterau e. V., Nico Spieler von pro familia Friedberg, Birgit Ahrens von der Lebenshilfe Wetterau, Marianne Arndt vom Büro für Leichte Sprache der bhw sowie Ute König, Kirsten Luckau, Marie Rachor, Mirjam Siebert und Vinzenz Schaupp, die alle in den Wetterauer Werkstätten der bhw arbeiten, am Gewaltschutz-Projekt teilgenommen. Sie haben sich aufeinander eingelassen und auch persönlich viel mitgenommen: „Ich habe gelernt, dass es sich lohnt, sich Zeit zu nehmen“, sagt Christa Mansky. Und Miriam Vermeil betont: „Ich habe gelernt, in einfacher Sprache zu sprechen, das ist auch in vielen Beratungen hilfreich. Menschen mit und ohne Behinderungen müssen mehr aufeinander zugehen, damit Inklusion stattfinden kann.“

Gewaltschutz: Broschüre soll Mut machen 

Nachdem ein geplanter Fachtag 2020 wegen Corona abgesagt werden musste, entschied sich die Projektgruppe schließlich, eine Broschüre in Leichter Sprache herauszugeben. Die Teilnehmer haben die Inhalte zusammen geplant, Beratungsstellen und die Polizei besucht und Interviews geführt. Auch mit einer Selbstbehauptungstrainerin haben sie gesprochen. „Ich kann Streit nicht leiden“, erklärt Kirsten Luckau: „Ich habe gelernt, ‚Nein‘ und ‚Stopp‘ zu sagen.“ Sie sei selbstbewusster geworden. „Ich nehme Probleme jetzt bewusster wahr“, so Vinzenz Schaupp. Für ihn sei die Teilnahme gleichzeitig gut und anstrengend gewesen. „Über Gewalt wird oft nicht gesprochen. Betroffene haben Angst oder schämen sich. Oder sie bekommen aus Unwissenheit keine Hilfe“, so Birgit Ahrens. „Gewalt ist ein schweres Thema. Die Arbeit hat uns alle berührt“, fasst Marianne Arndt zusammen. Die Broschüre solle Mut machen, sich Hilfe zu suchen. Der Schlüssel sei Verständlichkeit. „Es braucht die Leichte Sprache“, betont sie. Dem schließt die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Rika Esser, sich an. Sie hat ein Vorwort für die Broschüre geschrieben. „Gewaltschutz muss besser werden. Viele Menschen wissen zu wenig über ihre Rechte und über Hilfen. Die Broschüre bietet detaillierte und verständliche Informationen“, sagt Rika Esser. Genau wie Landrat Jan Weckler bedankt sie sich bei den Projektteilnehmern für ihre Arbeit. „Lassen Sie uns hinsehen bei Gewalt. Setzen wir uns gemeinsam ein für ein Leben ohne Gewalt“, fordert er auf.

Die Broschüre

Die Broschüre „Gemeinsam gegen Gewalt – Infos und Hilfen in der Wetterau“ in Leichter Sprache richtet sich an Menschen, die Gewalt erleben. Es wird beschrieben, welche Formen von Gewalt es gibt und wo man im Wetteraukreis Hilfe bekommt. Die Beratungsstellen werden vorgestellt. Die Broschüre gibt es in den Beratungsstellen und in den Einrichtungen der bhw. Außerdem ist sie online zu finden unter www.bhw-wetteraukreis.de/beratung/.